ADB:Copernicus, Nicolaus

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Artikel „Copernicus, Nicolaus“ von Karl Christian Bruhns in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 461–469, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Copernicus,_Nicolaus&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 12:53 Uhr UTC)
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Copernicus: Nicolaus C., geb. zu Thorn 19. Februar 1473, † zu Frauenburg am 24. Mai 1543. Für den Geburtstag am 19. Februar hat der erste Biograph Gassendi sich entschieden, während der Italiener Junctinus in einem Calendarium astrologicum den 19. Januar 1472 als Geburtstag nennt, eine Angabe, die Maestlin, Kepler’s berühmter Lehrer, als falsch bezeichnet und dafür den 19. Febr. 1473 substituirt. In einer Anmerkung zu dem von Maestlin besorgten Abdruck der „Narratio prima“ von G. J. Rheticus p. heißt es: „Nicolaum Copernicum natum referunt a. 1473 die 19. Febr. hora IV scrupuli XLVIII p. m. die Veneris ante cathedram Petri.“ Dieselbe Angabe hat auch ein jüngerer Zeitgenosse von C., Paul Eber, der Freund Melanchthon’s. Auch der Todestag ist verschieden angegeben, Maestlin spricht von dem 19. Januar, von anderer Seite wird der 7. Mai genannt, weil ein Coadjutor sich unter diesem Datum um die Domherrnstelle bewirbt, Giese gibt den 24. Mai an, welches Datum Professor Prowe als den wahrscheinlichsten Todestag bezeichnet. Der Vater des C., Niklas Koppernigk, wird seinem Berufe nach bald als Wundarzt, bald als Bäcker, Schmied, Kaufmann angegeben und siedelte wahrscheinlich 1462 von Krakau nach Thorn über, wo ihm bald das Bürgerrecht ertheilt wurde. Er war von 1465–1483 Schöppe der Stadt Thorn, und da sein Name unter den Schöppen nicht später vorkommt, hat man angenommen, daß er 1483 gestorben sei. In Thorner städtischen Manuscripten kommt jedoch der Name Köpernick schon in den Jahren 1398, 1400, 1422, 1459 vor; im letztern Jahre erscheint der Vater unseres C. als Bevollmächtigter eines Danziger Bürgers vor dem Gericht der Altstadt Thorn. Der Name wird aber nach damaliger Art sehr verschieden geschrieben: die Varianten Koppernigk, Coppernik, Coppernig, Koppernik, Koppernick, außerdem statt des e sehr oft ein i, z. B. Koppirnick, sind die häufigsten. Ursprünglich findet sich der Name Coppernik in Mähren, Böhmen, Schlesien schon im 13. Jahrhundert als Ortsname, 1383 und 1391 werden in Breslauer und böhmischen Archiven die Namen „von Köppernick“ und „Ulricus de Koprnik“ genannt. C. erwähnt niemals dieser adelichen Vorfahren. Die Köppernicks wanderten in Krakau ein und der Name wird 1396, 1433, 1434, 1438 in Krakauer, der Name Niklos Koppernik 1448 in Danziger Archiven, 1469 als Thorner Bürger in den Warschauer Archiven erwähnt.

Copernicus’ Mutter war Barbara Watzelrode; die Schreibweisen auch dieses Namens sind sehr verschieden. Die Watzelrode gehörten zu den ältesten und edelsten Geschlechtern Thorns und haben sich im Rathe der Altstadt Thorn lange Zeit erhalten. Von Barbara Watzelrode weiß man weder das Geburts- noch Todesjahr, noch das Jahr ihrer Vermählung; sie soll eine Stiefschwester und einen Stiefbruder Hans Peckaw, der 1483 die Würde eines königl. Burggrafen bekleidete, gehabt haben. Außerdem hatte sie einen Bruder Lucas, der Domherr in Frauenburg war, 1489 zum Bischof von Ermland gewählt wurde und am 29. März 1512 starb.

Nach einer vorhandenen Danziger Stammtafel war Nicolaus das jüngste von vier Geschwistern. Der älteste Bruder Andreas, der auch in Bologna und Rom [462] war und ebenfalls Domherr in Frauenburg gewesen ist, erkrankte 1508 und wurde wegen seiner Krankheit (Aussatz) 1512 von jeder Gemeinschaft ausgeschlossen. Sein Name kommt zuletzt 1518 in den Frauenburger Archiven vor. Außerdem hatte C. zwei Schwestern, von denen die ältere Barbara Aebtissin im Kulmer Kloster wurde und die jüngere Katharina sich nach Krakau an Barthel Gärtner verheirathete. Nach einer Thorner Stammtafel dagegen wird nur ein Bruder Georg aufgeführt, nach einer andern Nachricht drei Brüder Martin, Georg, Andreas und eine Schwester.

In Betreff der Vaterstadt Thorn mag noch erwähnt werden, daß ihre von Hermann Balk auf 1231 gesetzte Gründung auch noch streitig ist. Das Land im Osten war bis zum Anfange des 13. Jahrhunderts heidnisch, da drang der deutsche Orden vor und seit 1283 war Preußen Staat des Deutschen Ordens. Thorn wurde 1263 Glied der Hansa, 1410 und 1439 von den Polen, deren Staat unter den Jagellonen von 1356–1572 ein Gebiet bis zu 21000 Quadratmeilen umfaßte, vergeblich belagert. Thorn empörte sich 1454 gegen die Uebergriffe des Deutschen Ordens, ergab sich an Casimir von Polen und kam im Frieden 1466 an Polen, nahm 1557 die lutherische Lehre an und fiel 1793 bei der letzten Theilung Polens an Preußen. Thorn hatte zur Zeit der Herrschaft des deutschen Ordens einen scharf ausgeprägten deutschen Charakter erhalten und bewahrte ihn, indem die Stadtbeamten, der Rath und die Bürgermeister in der Regel aus deutschen Bürgern gewählt wurden.

C. hat in seiner Jugend wahrscheinlich die Schule seiner Vaterstadt besucht, obwol es an sichern Nachrichten darüber fehlt, und soll nach dem Tode seines Vaters in die Obhut seines Onkels, des Domherrn Watzelrode, gekommen sein. Wol wegen verwandtschaftlicher Beziehung bezog er die Jagellonische Universität in Krakau, wo er als Nicolaus Nicolai de Thuronia im J. 1491 inscribirt ist. Sein Hauptstudium war Medicin, zugleich aber beschäftigte er sich mit alten Sprachen, Philosophie, Mathematik und Astronomie und fand in den letzten Fächern, wahrscheinlich in Szadek und Szamoduli, vielleicht auch in dem gelehrten Albert Brudzewski, der als Mathematiker und Astronom bekannt ist, doch während der ganzen Studienzeit des C. von 1491–1494 nur philosophische Vorlesungen über Aristoteles gehalten hat, seine Lehrer. Mit großer Bewunderung wurden damals die Namen Peurbach und Regiomontanus (der als Professor der Astronomie und Mathematik freilich schon im dritten Lebensjahre des C. gestorben war) genannt. Aus den Werken dieser Männer wurde auf allen Universitäten gelehrt und da während der Studienzeit des C. in Europa die Kunde von der Entdeckung des Columbus eintraf, war es natürlich, daß ein für die astronomischen Wissenschaften glühender Jüngling zu eifrigstem Studium dieser Fächer angeregt wurde. Er beschäftigte sich auch noch mit Zeichnen und Malen; mit der Theorie der Perspective und hat später auf seinen Reisen vielfach gezeichnet. Im 22. Lebensjahre verließ C. die Universität und kehrte in seine Heimath Thorn zurück, hielt sich jedoch nur kurze Zeit dort auf und wandte sich zu seiner weitern Ausbildung im J. 1496 nach Italien, dem Lande, in welchem damals Kunst und Wissenschaft in hoher Blüthe standen; er wurde (s. Malagola’s Untersuchungen) im Herbst 1496 für das Studium des canonischen Rechtes in der deutschen Nation inscribirt, der auch sein Onkel Watzelrode von 1470 bis 1473 angehört hatte. Er hörte bei Urceo Credo griechische Sprache und wahrscheinlich bei Scipio Ferro Mathematik und saß zu den Füßen des Dominicus Maria Novera, der mit großem Beifall Astronomie lehrte und dem er nicht nur Schüler, sondern auch Gehülfe bei seinen Beobachtungen war. 1497 wurde er durch den Einfluß seines Onkels schon Domherr, 1498 kam sein Bruder Andreas, der Ende des Jahres auch Domherr war, nach Bologna und [463] wurde in gleicher Weise als er matriculirt. Beide Brüder wurden 1499 mehrfach durch Propst Georgius – Georg Wedberg von der Insel Oesel – aus Geldverlegenheiten gerettet und gingen im Herbst 1500, wahrscheinlich im September, nach Rom, wo Nic. C. Vorlesungen über Mathematik und Astronomie hält, große Auszeichnung genießt und dem gelehrten Regiomontan ebenbürtig zur Seite gestellt wird. Nach Paduaner Archiven war er 1499 in Padua, trug sich in das Album der „natio Polona“ ein und erwirbt sich den Grad eines Doctor medicinae.

Anfang 1501 ist er wieder in Frauenburg und sucht zu einem längern Aufenthalt in Italien wieder um Urlaub nach, der ihm auf zwei Jahre „um Medicin weiter zu studiren“ gewährt wird. Da von einer Verlängerung des Urlaubes nicht die Rede, ist er wahrscheinlich gegen 1504 oder 1505 nach Frauenburg zurückgekehrt. Ob er darauf, wie eine Krakauer Ueberlieferung sagt, die Absicht gehabt hat, sich um eine Stelle an der Jagellonischen Universität zu bewerben, ob er von Frauenburg Reisen nach Krakau selbständig oder in Begleitung seines Oheims Lucas Watzelrode gemacht hat, ist schwer nachzuweisen. Von 1505–1511 lebte er, von seinem Oheim dem Bischofe berufen, bei demselben in Heilsberg, und veröffentlichte eine lateinische Uebersetzung der Briefe des Theophylactus Simocatta, die einzigste Schrift, welche er aus eigenem Antriebe drucken ließ (Krakau 1509). Nach Frauenburg zurückgekehrt, erfreute er sich auch als Arzt eines gewissen Rufes und wurde sogar aus großen Entfernungen zu Kranken, so noch 1541 von Herzog Albrecht zu dessen Rath Georg von Kunheim nach Königsberg, gerufen. – Im J. 1512, als sein Oheim, der Bischof von Ermeland Lucas Watzelrode, gestorben, erhob sich ein Streit zwischen dem Capitel und dem König Sigismund von Polen über das Recht der Wahl des Nachfolgers. Bischof Fabian von Lusianis (Losengen) wurde gewählt, leistete dem Polenkönige den Huldigungseid und erhielt dessen Anerkennung, und nach mehrfachen Streitigkeiten zwischen Papst Julius II. in Verbindung mit dem einen Theil des Capitels einerseits und dem Polenkönig und dem anderen Theil des Capitels andrerseits durch den Erzbischof von Gnesen, auch die von Papst Leo X. und zwar hauptsächlich durch das Auftreten von C., denn dieser und die Domherren Georg von der Delau, Johannes Scultetus, Johannes Chrapicius, Tiedemann Giese u. A. erklärten am 28. Dec. 1512, daß die von dem Bischof Fabian mit dem Polenkönige getroffene Vereinigung in keiner Weise den Rechten des Papstes Abbruch thue. Eine andere Angelegenheit rief später C. aus seiner Lieblingsbeschäftigung in das öffentliche Leben zurück. Es war von dem Deutschen Orden, der, durch seine pecuniären Verlegenheiten veranlaßt, schlechtes Geld geprägt hatte, im J. 1466 den Städten Thorn, Elbing und Danzig ein eigenes Münzrecht erheilt, welches, da infolge dessen auch viel schlechtes Geld umlief, zu argen Differenzen und lebhaften Protesten Veranlassung gab. Im J. 1522 überreichte C. der Conferenz zu Graudenz eine Denkschrift, in welcher er als einzige Hülfe energisch die Aufhebung des Münzprivilegiums der drei Städte und die Prägung vollwichtiger Goldmünzen im Namen des ganzen Landes und unter Aufsicht der Regierung vorschlug. Die Städte, welche dadurch ihre Privilegien verloren, waren damit nicht zufrieden, und in Folge dessen soll in Elbing ein satirischer Straßenaufzug, angeführt von einem Schulmeister, den Münzverbesserer und neuen Weltsystem-Entdecker verhöhnt haben. Erst im Jahre 1528 kam die Münzangelegenheit zum vorläufigen Abschluß und endete mit einem Befehle des Königs von Polen ganz im Sinne der Copernicanischen Vorschläge. – Im J. 1523 wurde C. nach dem Tode des Bischofs Fabian von Lusianis zum Administrator des Domstifts erwählt und veranlaßte durch Erwirkung eines Mandats des Königs von Polen an den Hochmeister des Deutschen Ordens Albrecht, nachmaligen Herzog in Preußen, die Zurückgabe verschiedener Güter. Dies alles sind Beweise seines Ansehens, seiner strengen Rechtlichkeit, [464] seiner Unerschrockenheit, seines Muthes. In den Jahren 1517–1519 sehen wir ihn auf dem Allensteiner Schlosse, welches mit Mehlsack zu der Verwaltung der Domherren gehörte, astronomisch sich beschäftigen. Ein Thurm war zum Observatorium eingerichtet, zwei Ecken des Gebäudes mit Sonnenuhren von seiner Hand versehen. Kurz vorher war an ihn eine Aufforderung ergangen, in Bezug auf die Kalenderreform, die auf dem Lateranischen Concil vom J. 1516 versucht wurde, seinen Rath zu geben, er lehnte ihn wegen seines damaligen Mangels an genügendem Beobachtungsmaterial ab; seine spätern Arbeiten über die Jahreslänge dienten, als endlich beim tridentinischen Concil die Kalenderreform zu Stande kam, als hauptsächlichste Grundlage. Die ihm von einigen Biographen zugeschriebene Einrichtung einer Wasserleitung zu Frauenburg ist bereits von anderer Seite als nicht von ihm herrührend bezeichnet (Humboldt, Kosmos II. S. 498).

In der Mußezeit war er stets an seinem großen Werke thätig und ließ sich in seinen Beschäftigungen in keiner Weise stören, selbst nicht durch die damals die ganze Kirche tief erschütternden Ereignisse der Reformation. Seinem nahen Freunde Tiedemann Giese, dem nachmaligen Bischof von Kulm, rieth er die Veröffentlichung einer von demselben gegen Luther verfaßten Schrift an, während er auf der andern Seite mit den nahen Freunden Luther’s, mit dem Protestanten Rheticus aus Wittenberg und mit dem damaligen bekannten Prediger Andreas Hosemann (Osiander) zu Nürnberg in sehr innige Freundschaft trat. Rheticus ging, nachdem er seine Professur in Wittenberg niedergelegt hatte, 1589 nach Frauenburg und lernte aus Copernicus’ eigenem Munde das neue System kennen. Im J. 1509 begann C. seine Ideen niederzuschreiben, nach Andern im J. 1507, er selbst sagt in seiner Zueignung an den Papst, daß er 36 Jahre vor dem Erscheinen des Werkes angefangen habe (wonach ein noch früherer Zeitpunkt herauskäme), über 30 Jahre hat er sich mit der Ausbildung seines Weltsystems beschäftigt, ohne an die Veröffentlichung der Resultate zu denken. 27 Jahre lag das Werk handschriftlich aufbewahrt und nur die hauptsächlichsten Resultate hat er Freunden und diese wieder Andern mitgetheilt. Schon im J. 1536 hatte er dem Cardinal Schönberg auf dessen Bitten eine Abschrift zugesandt. Um 1540 gab Rheticus an den Astronomen Schoner einen mit begeisterten Lobeserhebungen begleiteten Bericht, und auf Zureden besonders des Bischofs Giese übergab C. diesem das Manuscript, der dem Rheticus die Besorgung der Herausgabe überließ, welche letzterer mit Hülfe von Osiander und Schoner in Nürnberg besorgte. In seinem 70. Lebensjahre fing C. an zu kränkeln und nach seinem ersten Biographen Gassendi hat er noch die Freude gehabt, auf seinem Sterbebette sein großes Werk gedruckt in Händen zu halten. Er wurde begraben in der Gruft des Domes zu Frauenburg, obwol auch dieses nicht ganz sicher ist, aber Hartknoch’s Ansicht, daß er in Thorn gestorben und begraben sei, ist von Prowe in der Schrift „Ueber Sterbeort und die Grabstätte des Copernicus“, Thorn 1870, als sehr unwahrscheinlich erwiesen. 36 Jahre nach seinem Tode ließ Martin Cromer im Dom zu Frauenburg eine marmorne Gedenktafel legen, welche später verschwunden ist. Das Domcapitel hat auf die Bitte einer polnischen Deputation eine Gruft geöffnet, doch sind die den Polen übergebenen Reliquien, – ein Theil derselben ruht jetzt in Pulawy an der Weichsel – durchaus nicht als echt erwiesen. Denkmäler sind ihm gesetzt worden in Krakau in einem Privatgarten, in der Annenkirche und im Museum; in Thorn in der Johanniskirche von Melchior Pyrnesius und Rojowski (1766) und 1853 auf dem Markte (von dem Bildhauer Tieck in Berlin), in der Walhalla bei Regensburg und 1830 in Warschau (von Thorwaldsen, das größte und würdigste von allen); Gedenktafeln befinden sich an seinem (vermeintlichen) Geburtshause in Thorn und angeregt durch das 400jährige Jubiläum im J. 1873 auch in Bologna, Padua, Rom etc. Porträts von ihm sind: ein von ihm selbst angefertigtes, [465] welches in Tycho Brahe’s Hände übergegangen und 1597 auf der Uranienburg verbrannt sein soll; ein Bild von ihm in der Brissard’schen Sammlung hat Gassendi in seiner Biographie benutzt; Bullialdus hat ein Bild von ihm an der Straßburger Uhr gefunden, ein anderes hat Bernegger gehabt; ein fünftes ist im Besitz eines Kammerherrn v. Hussarzewsky, welches von einem Dr. Wolf copirt der Londoner Royal Society geschenkt ist; außerdem sind noch ältere Bilder von ihm in Thorn in der Johanniskirche, in Lemberg und in Krakau. Aus seinem Auftreten dem deutschen Ritterorden gegenüber in Graudenz geht hervor, daß C. ein unerschütterlich rechtschaffener, vorurtheilsfreier Mann war, aus seinen Werken und Lehren, daß er beharrlich in der Wahrheit; durch die Hülfe, welche er als Arzt vielfach geleistet hat und die ihn in Verbindung mit dem Herzog Albrecht in Königsberg brachte, bekundet sich seine große Freundlichkeit, sein Wohlwollen gegen Andere; seine Werke zeugen von tiefem Ernst, aber auch von großer Bescheidenheit und kluger Vorsicht, ganz besonders geht aber daraus seine Bekanntschaft mit dem classischen Alterthum, also seine große Gelehrsamkeit hervor.

Die Nationalitätsfrage ist ein Gegenstand verschiedener Schriften gewesen; ein ehrender Streit um das Anrecht auf den Begründer unserer heutigen Weltansicht ist zwischen Polen und Deutschen geführt, doch ist schon erwähnt, daß über die Nationalität der Eltern des C. Sicheres sich nicht hat ermitteln lassen; der Vater scheint slavischer Abkunft, die Mutter deutscher zu sein, er wurde geboren in einer Stadt, deren Magistrat und gebildete Einwohner Deutsche waren, die aber zur Zeit seiner Geburt unter polnischer Herrschaft stand; er studirte in der polnischen Hauptstadt Krakau, dann in Italien und lebte bis an sein Ende in Frauenburg als Domherr; er schrieb lateinisch und deutsch. In der Wissenschaft ist er ein Mann, der nicht einer Nation angehört, sein Wirken, sein Streben gehört der ganzen Welt, und wir ehren in C. nicht den Polen, nicht den Deutschen, sondern den Mann freien Geistes, den großen Astronomen, den Vater der neuen Astronomie, den Urheber der wahren Weltanschauung.

Sein Hauptwerk „Nicolai Copernici Thorunensis de revolutionibus orbium caelestium libri sex“ enthält sein Weltsystem. Zwei große und einfache Thatsachen waren es, auf denen damals die Weltanschauung beruhte: die tägliche gleichförmige Umdrehung der Himmelskugel und die unveränderte feste Stellung der Fixsterne an dieser. Das Fundament der Astronomie war noch dasselbe, welches der große griechische Astronom Hipparch (140 v. Ch.) gelegt hatte. Der alexandrinische Astronom Ptolemäus hat uns im Almagest ein Verzeichniß von 1022 Sternen, in 48 Sternbilder getheilt und nach Länge und Breite bestimmt, für die Epoche 137 n. Chr. hinterlassen, und wenn auch zur Zeit der Blüthe der Araber durch Ulug Begh, Albategnius u. A. eine theilweise Wiederholung der Bestimmungen dieser Fixsternörter hinzugekommen, so war doch in der Genauigkeit, welche ¼ bis ½ Grad in den Oertern betrug, kein Fortschritt gemacht. Die Oerter der Planeten unter den Fixsternen hatten gleiche Fehler, und die ungeheuren Summen, welche König Alfons X. von Castilien auf die Verfertigung der nach ihm benannten Tafeln verwendete, waren nutzlos für die Astronomie verschwendet. C. wußte wohl, wie Rheticus bezeugt, daß die Fixsterne in dem Katalog des Ptolemäus nicht genau denjenigen Stellen an der Himmelskugel, an welcher sie zur Copernicanischen Zeit standen, entsprachen, aber C. konnte nichts unternehmen, was zur Sicherung oder Berichtigung des Fundaments der Astronomie hätte dienen können, weil die Instrumente damals zu unvollkommen waren und die praktische Mechanik sich erst entwickelte. Es lag nun durchaus nicht in der Absicht des Entdeckers des wahren Weltsystems, der Astronomie eine neue Quelle zu eröffnen, sondern er benutzte die vorhandene wie sie war, er [466] suchte keine neue und genauere Feststellung des Thatbestandes, sondern neue und richtige Erklärungsgründe desselben. Er verließ den Weg, den Hipparch, Ptolemäus, Peurbach und Regiomontanus eingeschlagen hatten und bildete eine neue Theorie des Sternenlaufes aus, die auf ganz entgegengesetzten Voraussetzungen beruhte. Er gründete die Sternkunde nicht auf die Bewegung der Gestirne, sondern auf die Bewegung der Erde. Er ließ den Fixsternhimmel, die octava sphaera oder das primum mobile welches bis dahin galt, ruhen, und gab der Erde eine doppelte Bewegung, die Axendrehung und den Jahreslauf. An die Bewegung der Erde hatte man früher schon öfter gedacht. Aber ein solcher Gedanke war nichts weiter als ein kühner Einfall, so lange man nicht mathematisch zeigte, wie sich die Himmelserscheinungen aus dieser Annahme erklären lassen. Das war es, was C. leistete. Nach Plutarch (De placitis philosophorum lib. III. cap. XI) soll Philolaus 440 v. Ch. gelehrt haben, daß sich Erde, Sonne und Mond in einem schiefen Kreise um das Feuer drehen, um Tag und Nacht zu machen. Er verstand unter Feuer aber nicht die Sonne, denn diese bewegte sich selbst mit um das Centralfeuer. Heraklides aus Pontus und der Pythagoräer Ekphantus lehrten auch, daß sich die Erde bewege aber nicht fortschreite, sondern nach Art eines Rades, wodurch sie von Abend gegen Morgen um ihren eigenen Mittelpunkt geführt wird. Cicero sagt, daß Nicetas (im J. 380 v. Chr.) und Theophrast gelehrt hätten, daß die Erde um ihre Axe bewegt werde und dadurch die Bewegung des Himmels erscheine. Auch Aristarch hat gesagt, daß die Welt eine weit größere Au8dehnung habe, als der von der Sonnenbahn begrenzte Raum und daß die Fixsterne sowie die Sonne unbeweglich seien, die Erde aber in einem Kreise um die Sonne sich bewege. Die Fixsternsphäre habe ihren Mittelpunkt im Mittelpunkte der Sonne und sei von einer solchen Größe, daß der Kreis, in welchem sich die Erde bewegt, sich zur Fixsternsphäre verhalte, wie der Mittelpunkt zur Peripherie. Endlich kommt in der Abhandlung des Plutarch über das Gesicht in der Mondscheibe folgende Stelle vor: „Nur sollst du uns auch nicht der Gottlosigkeit anklagen, weil wir den Mittelpunkt verrückt und den Versuch gemacht haben, die Erscheinungen des Himmels unter der Voraussetzung zu erklären, daß der Himmel selbst unbeweglich ist, während sich die Erde in der Ekliptik bewegt und um ihre Axe dreht.“ In dem Copernicanischen Werke „De revolutionibus“ sind in der Zueignung an Papst Paul III. selbst die beiden ersten Stellen aufgeführt und C. gibt sich viele Mühe darin zu zeigen, daß er nicht der Erste ist, der diese Idee hatte. Fast möchte man glauben, daß der Verfasser der Zueignung der Stelle im Plutarch eingedenk gewesen ist, wonach schon Aristarch und Kleanthes wegen Annahme der Bewegung der Erde der Irreligiosität angeklagt wurden! – Wodurch C. zuerst zu seinem System gelangt, ist nirgends von ihm und seinen Freunden gesagt, ob er von der Idee der Erdbewegung ausgegangen ist und die Erscheinungen des Himmels damit in Uebereinstimmung zu bringen gesucht hat, oder ob er umgekehrt von der Betrachtung der Himmelserscheinungen auszgegangen ist, weiß man nicht. Rheticus berichtet uns übrigens, daß C. durch die so große Verschiedenheit der scheinbaren Größe des Mars, somit der sehr verschiedenen Entfernung dieses Planeten von der Erde, zuerst auf die Idee des wahren Weltsystems gebracht worden sei. In diesem Falle hätte der Mars nicht nur Kepler, sondern schon vorher C. auf den Pfad der Wahrheit geleitet. Die Lehren des C. lassen sich am einfachsten überblicken, wenn man den Inhalt des Werkes „De revolutionibus“ kurz durchgeht. Im ersten Buche findet sich ein Bild seines Weltgemäldes: die Welt ist eine Kugel und ebenso ist die Erde eine Kugel; Land und Wasser vereinigen sich zu einer und derselben Kugel; die Bewegung der Himmelskörper ist gleichförmig und kreisförmig oder aus Kreisen zusammengesetzt; jede Bewegung eines Himmelskörpers, [467] die anders als im Kreise erscheint, ist scheinbar. C. zeigt die Abgeschmacktheit, dem bloßen Raum und nicht vielmehr dem in ihm befindlichen Körper die Bewegung beizulegen. Mit Anerkennung rühmt er die Ansicht der Aegypter, die nach Marcianus Capella die Planeten Venus und Mercur schon um die Sonne laufend angenommen haben. Um den Wechsel der Jahreszeiten zu erklären, gibt er der Erdaxe eine Neigung gegen die Ebene ihrer Bahn, und um das Zurückgehen der Aequinoctialpunkte darzustellen, läßt er den Weltpol in einer sehr langen Periode einen kleinen Kreis um den Pol der Ekliptik beschreiben. In den folgenden fünf Büchern werden diese allgemeinen Grundzüge weiter ausgeführt; im zweiten Buche die Lehre von der täglichen Umdrehung der Himmelskugel und den sphärischen Ortsbestimmungen. Aufgang, Culmination, Untergang der Sonne, des Mondes und der Planeten werden erklärt. Ein Katalog der Längen und Breiten der Fixsterne (nach Ptolemäus) ist nicht gezählt von dem Frühlingsanfangspunkte, sondern von dem Sterne γ Arietis. Im dritten Buche bespricht er zunächst die Präcession, deren Betrag fast identisch mit den neuesten Bestimmungen gefunden wird; er behandelt die Theorie der Bewegung der Erde oder die Theorie der scheinbaren Sonnenbewegung; er bestimmt die Länge des Jahres bis auf eine halbe Minute genau, wodurch in 3000 Jahren ein Fehler von einem Tage entsteht; er ermittelt ziemlich genau die Neigung des Aequators gegen die Ekliptik, erkennt die allmähliche Abnahme derselben bis zu einer bestimmten Grenze und findet, wie schon Arzachel, das Vorrücken der Richtung der größten Sonnennähe der Erdbahn. Im vierten Buche ist die Theorie des Mondes gegeben, die C. unverändert nach Ptolemäus beibehält. Er beschreibt ein von ihm selbst verfertigtes Instrument, das er Parallacticum nennt. Das fünfte Buch handelt von der wahren Bewegung der Planeten in der Länge, und als sich bei der gleichförmigen Bewegung im excentrischen Kreise zwischen Rechnung und Beobachtung Abweichungen zeigten, nahm C. noch die Bewegung des Mittelpunktes an und erhielt dadurch wieder Epicykeln. Aber alle scheinbaren Rückgänge der Planeten, die Stillstände, das langsamere und schnellere periodische Vorwärtsgehen ergibt sich als Nothwendigkeit aus der Erdbewegung um die Sonne. Die Entfernung der Erde von der Sonne wird zur Einheit angenommen und in dieser Einheit die Entfernungen der Planeten ausgedrückt. Die Einheit findet C. nach der Methode des Aristarch aus dem bei genau halb erleuchtetem Monde stattfindenden Winterabstande der Sonne zu 1197 Erdhalbmessern oder 1030000 geogr. Meilen, etwa nur 120 des wahren Werthes. Im sechsten Buche wird die Bewegung in Breite ausführlich abgeleitet, bei welcher die Neigung der Planetenbahn gegen die Erdbahn und der Stand der Erde allein ihm nicht genügte; er mußte noch eine veränderliche Neigung annehmen, die bekanntlich auch, wenngleich in ganz anderem Maße existirt, aber aus Gründen, die C. noch nicht ahnen konnte.

Was aber das neue System leistet, kann nicht treffender gesagt werden, als mit Copernicus’ eigenen Worten: „Durch keine andere Unordnung habe ich eine so bewundernswürdige Symmetrie des Universums, eine so harmonische Verbindung der Bahnen finden können, als da ich die Weltleuchte, die Sonne, die ganze Familie kreisender Gestirne lenkend, in die Mitte des schönen Naturtempels wie auf einen königlichen Thron gesetzt.“ Die ungleiche Bewegung, welche die Planeten zeigten, erklärte auch Ptolemäus schon durch excentrische Kreise, doch genügten dieselben nicht, es blieb ihm nichts übrig, als Kreis auf Kreis abwickeln zu lassen und das System der Epicykeln, die bei den entfernteren Planeten immer kleiner werden, ist ein Nothbehelf, der dem ganzen Weltbau noch eine schwerfällige, unbegreifliche, der weisen Natur uneigentliche Unförmlichkeit gibt. Im Copernicanischen System tritt an die Stelle der großen Epicykeln die Erdbahn [468] und das Hauptsächlichste, was der Thorner Astronom noch bedarf, um die ungleichen Bewegungen zu erklären, ist abgesehen von einigen beibehaltenen Epicykeln der excentrische Kreis. Dadurch kommt Einheit und Symmetrie in den Weltbau. Während Ptolemäus das Centrum des Weltalls dem Scheine gemäß in den Mittelpunkt der Erde setzte, legte C. dasselbe in das Centrum der Erdbahn, nicht in einen Körper, sondern in einen idealen Punkt, in einen mathematischen Mittelpunkt; Kepler war es vorbehalten, den Brennpunkt der Bahnen in die Mitte der Sonne zu bringen und diese dadurch zur wahren Königin unseres Systems zu machen. – C. konnte für die Richtigkeit seiner Lehre nur ästhetische Beweise, die große Einfachheit und Zweckmäßigkeit des Ganzen aufführen; die mathematische unumstößliche Beweisführung lieferten die Forschungen und Entdeckungen der nächsten Jahrhunderte. – Das Buch „De revolutionibus“ erschien zuerst im J. 1543, eine zweite Ausgabe 1566, eine dritte im J. 1617. Eine neue Auflage mit polnischer Uebersetzung und einer großen Menge von Beigaben wurde im J. 1854 von Baranowski in Warschau herausgegeben. Bemerkenswerth ist darin die eigentliche Einleitung von C., welche in den früheren Ausgaben fehlte. In der Nostitz’schen Bibliothek in Prag hat man das Manuscript derselben gefunden und nach demselben ist auch die neue Ausgabe zur Jubelfeier im J. 1873 veranstaltet. Nach diesem Manuscript hat sich herausgestellt, daß das Werk zuerst in acht Bücher eingetheilt gewesen ist, aus welchen durch Zusammenziehung sechs entstanden sind. Copernicus’ Werk wurde von der mit dem Bücherverbot beauftragten Inquisition am 5. März 1616, als Paul V. Papst war, suspendirt, bis es verbessert sein werde. Das Urtheil ist unterschrieben vom Bischof von Alba, Cardinal der heiligen Cäcilia, und von Franz Magdalenus Capiferreus. Am 10. Mai 1757 faßte die Congregation des Index den Beschluß, jenes Decret, das die Bücher über den Stillstand der Sonne und die Bewegung der Erde verbot, aus der neuen Ausgabe des Index der verbotenen Bücher wegzulassen, und das Copernicanische Werk wurde darin nicht mehr erwähnt. Am 11. Sept. 1822 wurde vom heiligen Officium der Beschluß gefaßt und am 25. September von Papst Pius VII. genehmigt, daß der Druck und die Herausgabe der Werke, welche die Bewegung der Erde und den Stillstand der Sonne nach der gemeinen Meinung der neueren Astronomen lehren, in Rom erlaubt sei. – Oben ist schon erwähnt, daß das ganze Leben und Wirken des C. das eines muthigen, wahrhaftigen Mannes ist, und man ist daher geneigt das Vorwort der ersten drei Ausgaben, worin das System als Hypothese bezeichnet wird, als nicht von dem Verfasser selbst herrührend anzunehmen, man schreibt jetzt, nachdem die wahre Vorrede aufgefunden, die ältere dem Osiander zu.

In der polnischen Ausgabe von Baranowsky (Warschau 1854) stehen noch folgende Schriftstücke aufgeführt, die von C. herausgegeben sind: 1. „Septem sidera“ (ein Gedicht in 7 Gesängen über die Geburt und Kindheit Jesu, neu herausgegeben bei der 400jährigen Jubelfeier 1873 in Thorn); 2. ein Gutachten über Regulirung des Münzwesens; 3. ein ausführlicher Brief an Bernhard Wapowski über die Octava sphaera des Nürnberger Astronomen Werner; 4. sechs Briefe an den Bischof Johann Dantiscus von Kulm, sowie auch noch an einige andere Personen; 5. Erläuterungen zu den Versen des Theophylaktus Simocatta, 1509 zu Krakau gedruckt; 6. Briefwechsel mit dem Herzog Albrecht in Preußen (in deutscher Sprache) betreffend die Heilung eines seiner Räthe. – Der Copernicusverein in Thorn hat es sich zur Aufgabe gestellt, über die Werke des C. Nachforschungen anzustellen und Dr. M. Curtze hat 1875 „Reliquiae Copernicanae“ nach den in Upsala befindlichen Originalen herausgegeben, aus welchen mit Sicherheit hervorgeht, daß C. nicht ganz frei von astrologischen Irrthümern [469] gewesen ist. – Das Leben des C. ist vielfach behandelt worden. Zuerst von Georgius Joachimus de porris Feldkirch, gewöhnlich Rheticus, doch scheint diese Schrift verschwunden zu sein. Eine kurze Biographie hat Melchior Adam in den Vitae Germanorum Philosophorum (Heidelberg 1615) gegeben. Zwei Jahre später (Amsterdam 1617) erschien, jedoch sehr mangelhaft, „Vita Nicolai Copernici autore Nic. Mulerio“. Der Professor Johannes Broscius zu Krakau hatte viele Notizen gesammelt, die aber auch verloren gegangen sind. Simon Starowolski hat in der 2. Ausgabe seiner Scriptorum Polonorum Hecatontas (Venedig 1627) und später der Professor der Theologie Martin Radyminski (1658) kurze Biographien nach Handbemerkungen von Broscius gegeben; doch vorher (1651) erschien eine Biographie von dem Astronomen Pierre Gassendi. Was Ghilini, Bullart, Crasso, Freher, Hartknoch, Blount, Böckmann und Thorner Localhistoriker, z. B. Zernecke und Centner, geschrieben, ist meistens Gassendi entnommen. Johannes Gottsched hielt in Leipzig im J. 1743 eine Säcularrede, die sich auch auf Gassendi stützt. Notizen von Herder, Baczko, Bernoulli, Goldbeck, Pisanski, Biester, Hein etc. sind ebenfalls Auszüge. Lichtenberg’s ausführliche Biographie (158 S. stark) beruht auf Starowolski und Gassendi. Sniadecki, Director der Warschauer Sternwarte, löste im J. 1802 eine Preisaufgabe über die Verdienste des C. um die Mathematik und Astronomie. Forschungen von Zach, Czacky und Molski, Ideler, Hennig, Bentkowski, Faber, Gartz sind in Westphal’s „Nicolaus Copernicus“ aufgenommen. Unter den Polen waren es Karl Hube (1841) und der Warschauer Professor Adrian Krzyzanowski († 1852), welche für C. als Polen eintraten. J. Czynski’s Biographie erschien französisch zu Paris im J. 1847. Ein kurzgefaßtes Leben in polnischer Sprache gab 1853 Dr. J. Radwanski heraus. Baranowski sammelte in der schon erwähnten Prachtausgabe der „Revolutionibus“ die zerstreuten Briefe und Denkschriften; eine kurze Biographie darin ist von Julian Bartoszewicz. Kleinere Schriften sind von Szulc, Chodzko, Lelewel, Chledowski, Feldmannowski etc.; „Beiträge nach der Frage zur Beantwortung der Nationalität des Nicolaus C.“ von R*** erschienen Breslau 1872. Zu der 400jährigen Jubelfeier erschienen eine Menge von großen und kleinen Schriften. Die Monographie von Ignatius Polkowski stellt den polnisch-nationalen Gesichtspunkt in den Vordergrund. Hipler behandelt die Biographen des Nicolaus C., Braunsberg 1873, und die Porträts des Nicolaus C., Leipzig 1875. Unter den Deutschen hat A. v. Humboldt im 2. Bande des Kosmos C. ausführlich behandelt, und seit mehr als 20 Jahren arbeitet Dr. Leop. Prowe (Professor am Gymnasium zu Thorn) an einer Biographie und hat eine „biographische Skizze“ in der Denkschrift zur Enthüllungsfeier des Copernicus-Denkmals, Thorn 1853, über die Thorner Familien Koppernick und Watzelrode, über die Zeit der Geburt und des Todes des Nic. C., Nic. C. in seinen Beziehungen zu dem Herzoge Albrecht in Preußen (Thorn 1855), De Nic. Cop. patria (Thorn 1860), Ueber die Abhängigkeit des C. von den Gedanken griechischer Philosophen und Astronomen (Thorn 1865), Hat C. Wasserleitungen angelegt (Thorn 1865), Ueber den Sterbeort und die Grabstätte des C. (Thorn 1870), Das Andenken des C. bei der dankbaren Nachwelt (Thorn 1870) u. a. m. veröffentlicht; endlich hat Prowe zur Thorner Jubelfeier einen Abschnitt seiner fast vollendeten Biographie (Monumenta Copernicana) herausgegeben.

Vgl. über die vierte Säcularfeier die Festschrift des Copernicusvereins, die Aufsätze von Curtze in Grunert’s Archiv der Mathematik.